Evangelisches Rüst- und Freizeitheim Schmannewitz

Das Rüst- und Freizeitheim Schmannewitz hat sein sein 60jähriges Bestehen gefeiert

Am 19. Juni 1955 wurde das Rüstzeitheim Schmannewitz feierlich nach ca. zweijähriger und beschwerlicher Bauzeit eingeweiht. Am 19. Juni 2015 hat sich dieses besondere Datum zum 60. Mal gejährt. Am darauf folgenden Sonntag, den 21. Juni 2015, haben wir dieses Jubiläum im Rüstzeitheim Schmannewitz gefeiert.

Nachfolgend haben wir ein paar Erinnerungen an die vergangenen Jahre für Sie zusammengetragen. Wir hoffen, das im Laufe der nächsten Monate noch weitere Beiträge hinzukommen.

Wir freuen uns, wenn Sie uns Fotos oder Texte über das Rüstzeitheim aus den vergangenen 60 Jahren Verfügung stellen!

November 1952

Brief von Pfarrer Fischer an den Oschatzer Superintendenten Rißmann vom 2. November 1952

Foto © Fischer

„Sehr geehrter Herr Superintendent! Sofern das Wetter es nur irgend zulässt, ist in Aussicht genommen, das Rüstzeitheim am Dienstag, den 18. November nachmittags zu richten. Wir bitten sie als den Bauherrn des ephoralen Rüstzeitheims zu der üblichen Feier zugegen zu sein und die Ansprache zu übernehmen. Es wäre schön, wenn der Oschatzer Posaunenchor oder sonst Posaunenbläser aus der Ephorie anwesend sein könnten, die die Feier, die nur ein Dank gegen Gott sein kann, der uns trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Zeit dieses Werk hat gelingen lassen, mitge-stalten könnten. Ob und in welcher Weise sich nach der Feier auf dem Bau ein Zusammensein mit den Bauarbeitern ermöglichen lässt, ist noch fraglich, da seit 2. November die Maul- und Klauenseuche in Schmannewitz festgestellt ist und sämtliche Versammlungen – auch der Gottesdienst – untersagt ist.“

Mai 1954

Ein kurzes Schreiben des Parkettverlegermeisters Robert Kästner vom 20. Mai 1954 an das Pfarramt Schmannewitz gibt Einblicke in die schwierigen Umstände, unter denen sich der Umbau der Pfarrscheune vollzog. Robert Kästner schreibt:

„Nachdem ich alle Möglichkeiten zur Beschaffung von Parkettmaterial durchgegangen bin, muß ich Ihnen leider mitteilen, dass ich die Arbeiten, sofern sie noch 1954 zur Durchführung kommen sollen, nicht übernehmen kann. Es wäre nur möglich, wenn sie mir Kontingentscheine über Parketteiche für 26 mm Bretterware, oder die Bretter selbst zur Verfügung stellen könnten. Benötigt würden ca. 7 cbm. Bretter, oder über diese Menge Kontingent.“

Foto © Fischer

Erinnerungen von Inge Hemmann

Wie die Schmannewitzer wissen, hatten wir im Rüstzeitheim häufig Behindertengruppen zu Gast.
Das war bereichernd, aber mitunter auch recht lustig. Zwei kleine Geschichten will ich auswählen:
Es hatte einen Sturm gegeben, und das Pfarrhausdach zeigte einige Löcher. Mein Mann versuchte-mit meiner Hilfe- eilig den Schaden zu beheben. Dabei hatte er wohl im Eifer des Gefechts mir etwas laute Anweisungen gegeben. Die Behindertengruppe schaute von unten interessiert und schweigend zu. Dann rief einer: „Frau Hemmann, ist Ihr Mann immer höflich zu Ihnen?“
Ein junger Mann mit Downsyndrom, Johannes, war ein lustiger Vogel. Er stand wiederholt vor unserer Tür, mit Freund und Bierflasche im Arm, und wollte bei uns fernsehen. Bei dieser Gelegenheit sah er meinen Geburtstagstisch mit den Geschenken stehen, obwohl der Geburtstag schon einige Zeit zurücklag. Beim Mittagessen, das wir immer mit den Gästen gemeinsam einnahmen, stand Johannes auf, klopfte an den Teller und sprach: „Heute hat Frau Hemmann Geburtstag, und sie gibt uns Kaffee und Kuchen aus!“ Ich wehrte natürlich ab, aber Johannes bestand darauf, bis mein Mann nach einigem Hin und Her sagte:“Johannes, ich glaube, Du willst uns allen eine Bockwurst und ein Bier ausgeben!“ Darauf Johannes: „Mensch, Gerhard, Du machst mich verrückt!“ Mittlerweile hatte sich die ganze Gruppe angestellt, um  mir die Hand zu schütteln und zu gratulieren. Ich habe mir die Wünsche  gefallen lassen. Das neue Lebensjahr hatte ja gerade erst begonnen.

Sanierung des Rüstzeitheims 2012/2013

Foto C.Mette

In der Zeit zwischen Februar 2012 und Januar 2013 wurde das Rüstzeitheim Schmannewitz komplett saniert. Die Sanierung dauerte knapp ein Jahr.

Dabei wurde das Gebäude im Februar 2012 zuerst komplett ausgeräumt. Dies war nur möglich, weil sich aus der Gemeinde viele Helferinnen und Helfer eingefunden hatten. Zudem stellten viele Bürger aus Schmannewitz (und nicht nur Gemeindeglieder!) ihre Fahrzeuge und Traktoren zur Verfügung. Ohne diese umfangreiche Hilfe wäre das Beräumen des Gebäudes nicht möglich gewesen!

Nach dem Ausräumen begannnen die eigentlichen Sanierungsarbeiten. Zuerst wurden alte Wände entfernt, Fußböden aufgerissen und Wände versetzt. Auch neue Rohrleitungen und eine komplett neue Elektroinstallation wurden verlegt.

Foto C.Mette
 
Blick in ein Zimmer im Dachgeschoß. Die kleine Treppe ermöglicht den Aufstieg in den ehemaligen Spitzboden.

Das Dachgeschoss des Rüstzeitheims wurde komplett erneuert und der alte "Spitzboden", der vormals nur als Lagerraum genutzt werden konnte, wurde in moderne Maisonette-Zimmer umgebaut.

Dort befinden sich nun auf zwei Etagen bis zu sechs Betten pro Zimmer mit einem herrlichen Blick über Schmannewitz.

Rede von Josephine Kupke anlässlich der Einweihung des Rüstzeitheims Schmannewitz am 19. Januar 2013

Es ist geschafft! Das Rüstzeitheim strahlt von außen und innen einladend den Besuchern entgegen.. Der DDR-Charme gehört der Vergangenheit an.


Etwa 1960, im Herbst, war ich das erste Mal mit meinen Eltern und meinem Bruder hier, zur Familiensingwoche mit Dr. Erich Schmidt. Begeistert hat uns das Singen, die gemeinsamen Unternehmungen wie z.B. eine Schnitzeljagd und die wunderschöne Umgebung, die Nähe des Waldes.

Weniger einladend waren die äußeren Gegebenheiten. In den Zimmern dieses Hauses gab es zu dieser Zeit als Wärmespender Eisenbahnheizkörper, die für ein bißchen überschlagene Temperaturen sorgten. Die Kachelöfen im
Speiseraum und Aufenthaltsraum heizte Pfr. Fischer früh erst einmal an.

Wir Kinder, ab 8 Jahren etwa, waren in den oberen Schlafräumen untergebracht, vorn die Jungs, dahinter die Mädchen.

In schrecklicher Erinnerung ist mir der Waschraum geblieben, schauerlich kalt!
In der Mitte des Zimmers stand ein rundes Becken mit mehreren Wasserhähnen in der Mitte. Wir Kinder haben meist nur Katzenwäsche gemacht. Wenn ich mir diesen Raum vorstelle, friere ich heute noch!

Dann gab es noch das kleine Haus hier im Gelände, von den Gästen "Räuberburg" genannt. Heute steht es nicht mehr. Fast immer mußten meine Eltern mit meinem jüngeren Bruder dort wohnen. Im Haus gab es keine Heizung. Man brauchte lange, um das klamme Federbett durch die eigene Körperwärme zu erwärmen. Unter diesen denkbar ungünstigen Bedingungen bekam mein Bruder eine Lungenentzündung. Meine Mutter war froh, als ihr Frau Fischer, die Pfarrfrau, immer mal eine Wärmflasche für meinen Bruder brachte.

Von diesem Haus wurde uns noch eine andere Begebenheit erzählt: Ein Rüstzeitteilnehmer hatte abends in ein Wasserglas seine Zahnprothese getan. Am Morgen war sie eingefroren.

Trotz dieser denkbar harten äußeren Gegebenheiten, fuhren wir gerne nach Schmannewitz. Mein Bruder und ich bettelten jedes Jahr aufs neue unsere Eltern: Meldet uns doch bitte zur Singwoche an. Bei dem Gedanken an das kalte Quartier hat meine Mutter immer gezögert. Wir standen dann jedes Mal auf der Warteliste, konnten aber doch noch kommen und bezogen wieder die kalten Zimmer.

Irgendwann später bekamen die Räume Nachtspeicheröfen und die großen Räume eine Heizung. Das war für alle Gäste wunderbar.

Die Jahre sind ins Land gegangen und die Verschleißspuren blieben auch in diesem Gebäude nicht aus.

2001 leitete ich für das Sächsische Kirchenchorwerk meine 1. Herbstsingwoche für Eltern und Kinder, Großeltern und Enkelkinder, Paten und Patenkinder. Es kam immer mal vor, daß plötzlich in einer Etage der Strom ausfiel. Freundliche und wohlgesonnene Handwerker waren meistens schnell zur Stelle, um den Schaden zu beheben. Es war aber nicht zu übersehen, daß im Rüstzeitheim der Zahn der Zeit nagte. Die Uhr zeigte inzwischen wenige Minuten vor 12 an.

Die Zimmer im Erdgeschoß wollte keiner gerne beziehen. Sie rochen muffig. Aber wir brauchten sie bei so hohen Teilnehmerzahlen. Wir waren mitunter 60 Personen. Und das Christenlehrezimmer, in dem manchmal bis zu 30 Kinder probten, roch nach Schimmel ... Mein Bruder erzählte mir neulich, daß er dieses Zimmer in Erinnerung hat mit einem stinkenden Ofen.

Bei unserer letzten Singwoche hier, im Herbst 2011, gab es am Freitag nach dem Abendbrot einen Mordskrach - der Fahrstuhl, mit Geschirr beladen, war in die Tiefe gestürzt. Das Seil war gerissen, das Geschirr lag in Scherben. Glück im Unglück: Es geschah erst nach dem Essen und erst am Wochenende. Nur noch 5 Mahlzeiten musste man irgendwie transportmäßig in den Griff bekommen, treppauf, treppab ..., erschwerte Bedingungen also.

Wir sind glücklich, dass dieses Haus nun renoviert werden konnte, dass Genehmigungen erteilt wurden und Fördermittel flossen. Viele Menschen, die in Zukunft hier ein- und ausgehen werden, können die Veränderungen und Errungenschaften geniessen. Darüber freuen wir uns schon heute am Tag der Einweihung.

Josephine Kupke